Bericht vom ersten Treffen des Eastern Partnership Civil Society Forums Brüssel

Veröffentlicht von Stefanie Schiffer am

Von Stefanie Schiffer, Europäischer Austausch. Auf Einladung der Europäischen Kommission und des Europäischen Komitees für Wirtschaft und Soziales (EESC) kamen am 16.-17.11.2009 220 Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen aus den 6 Ländern der Eastern Partnership, aus den EU Mitgliedsstaaten und den USA in Brüssel zum ersten Treffen des „Eastern Partnership Civil Society Forums“ zusammen, um über dessen thematische Ausrichtung und seine Struktur und Arbeitsweise zu entscheiden. In zwei Tagen wurde in insgesamt konstruktiven Diskussionen ein Konsens in beiden Fragen erreicht. Im Anschluss gratulierten EU Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner und der schwedische Außenminister Carl Bildt dem Forum zur erreichten Arbeitsfähigkeit und unterstrichen die politische Bedeutung der Eastern Partnership und der Rolle der zivilgesellschaftlichen Organisationen für die europäische Außenpolitik insgesamt.

Mit der Eastern Partnership hat die Europäische Union eine deutliche Aussage für ihre außenpolitische Verantwortung gegenüber den europäischen ehemaligen Mitgliedsstaaten der Sowjetunion getroffen. Das von der EU eingerichtete Civil Society Forum der Eastern Partnership verdeutlicht, dass die EU das Gespräch im Rahmen der Eastern Partnership nicht allein mit Regierungsvertretern der Nachbarstaaten führen will, die nicht alle durch anerkannte Wahlen legitimiert sind, sondern auch den Austausch und die Beratung mit Vertretern der Zivilgesellschaften der Zielländer sucht. Gleichzeitig verfolgt die EU das Ziel, die Zivilgesellschaften in den Ländern der Eastern Partnership zu stärken und dadurch die demokratische Entwicklung der Länder zu unterstützen.

Zur Teilnahme am ersten Treffen des Civil Society Forums in Brüssel wurden aus annähernd 450 Bewerbungen 220 teilnehmende Organisationen ausgewählt. Hiervon 21 aus Armenien, 21 aus Azerbaidzhan, 27 aus Belarus, 22 aus Georgien, 20 aus Moldova, 30 aus der Ukraine, 27 Vertreter internationaler Organisationen, 47 Organisationen aus EU Mitgliedsstaaten und 5 aus Drittländern. Die Kriterien der Auswahl und die Zusammensetzung des Steering Commitees der Vorbereitungsphase des Forums sind im Vorfeld auf der Webseite des Civil Society Forums veröffentlicht worden, womit die Kommission versucht hat, der Forderung nach maximaler Transparenz bei der Einrichtung des Forums Rechnung zu tragen. Aus Deutschland waren die Heinrich Böll Stiftung mit ihrem Büro in Tbilisi und der Europäische Austausch aus Berlin eingeladen worden.

Analog zu den thematischen Plattformen der Eastern Partnership tagte auch die Zivilgesellschaft in vier Arbeitsgruppen – Demokratie und Rechtstaatlichkeit, ökonomische Integration, Ökologie und Energiesicherheit, Kontakte zwischen Bürgerinnen und Bürgern. Eine fünfte Arbeitsgruppe, die über Struktur und Arbeitsweise des Civil Society Forums entscheiden sollte, wurde im Vorfeld auf Initiative der belarussischen Delegation gebildet. Ihre Vorschläge wurden vom Plenum weitgehend übernommen.

Aus etwa fünfzig schriftlichen Empfehlungen für die Arbeit des Civil Society Forums, die im Vorfeld der Veranstaltung bei der Europäischen Kommission eingegangen sind, haben die Organisatoren ein Paper erstellt, das am ersten Tag in allen Arbeitsgruppen diskutiert und kommentiert wurde. Die abschließende Fassung des Papiers wurde am zweiten Tag des Forums vom Plenum bestätigt und wird am 8. Dezember 2009 dem Ministerrat bei seinem nächsten Treffen in Brüssel übergeben werden. Die Möglichkeit der Einsichtnahme und Kommentierung des Papiers ist in den kommenden Tagen und Wochen ebenfalls über die Website des Civil Society Forums gegeben. Einige der Hauptforderungen des Civil Society Forums aus dem etwa 10-seitigen Papier sind:

  • Die Freilassung aller politischen Gefangenen, die in einzelnen Ländern der Eastern Partnership inhaftiert sind
  • Die Erarbeitung einer Roadmap für den visafreien Reiseverkehr für die Bürgerinnen und Bürger der Eastern Partnership in die EU
  • Die Unterstützung der Zivilgesellschaften und der Regierungen in den Ländern der Eastern Partnership bei der Ausrichtung freier Wahlen, beim Schutz der Menschenrechte und bei der Gewährleistung der Pressefreiheit
  • Die Ausdehnung der bestehenden Programme der EU in den Bereichen Bildung, Kultur, zivilgesellschaftlicher Austausch auf die Länder der Eastern Partnership
  • Die Förderung von Energiesicherheit und erneuerbaren Energien in den Ländern der Eastern Partnership
  • Die soziale Abfederung der Folgen der wirtschaftlichen Transformation
  • Die Entwicklung eines analogen Forums zur Intensivierung der zivilgesellschaftlichen Beziehungen zwischen den EU Mitgliedsstaaten und der Russischen Föderation durch die EU
  • Die Erarbeitung von Strategien zur Lösung der frozen conflicts in der Region unter Einbeziehung der Türkei und der Russischen Föderation

Am zweiten Tag wurde dem Vorschlag der belarussischen Delegation folgend ein Sprecherrat bestehend aus 17 Personen und ein Sprecher des Civil Society Forums gewählt, die die Kommunikation der Arbeit des Forums in die Zivilgesellschaften der Länder der Eastern Partnership gewährleisten sollen. Der Sprecher des Civil Society Forums soll das Forum zudem bei den Beratungen des EU-Ministerrates und den Gipfeltreffen der Eastern Partnership vertreten. Einigkeit bestand unter den Teilnehmern darin, dass ein Belarusse/eine Belarussin die Aufgabe des Sprechers übernehmen sollte, was als Solidarität des Forums mit der unterdrückten Zivilgesellschaft in Belarus und als Anerkennung der effizienten Vorbereitung des Forums durch die belarussische Delegation gewertet werden kann. Als Sprecher wurde Siarhiej Mackievic von der Assembly der Prodemokratischen NGOs von Belarus aus Minsk gewählt, seine Stellvertreterin ist Kristina Prunerova von der European Partnership for Democracy in Brüssel.

EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner und der schwedische Außenminister Carl Bildt haben im Anschluss an das Treffen die vorläufigen Empfehlungen des Civil Society Forums entgegengenommen und das bisher einmalige Bekenntnis der EU zur außenpolitischen Verantwortung in ihrer Region unterstrichen. Frau Ferrero-Waldner hat die anwesenden Vertreter ausdrücklich dazu aufgefordert, ihre Forderungen an die EU deutlich zu formulieren, auch mit Kritik nicht zu sparen und das Civil Society Forum hierfür zu nutzen.

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