Die Rolle von Dmitri Pawlitschenko in Bezug auf die Verschwundenen 1999/2000 und bei den Protesten der Demokratiebewegung 2020

Veröffentlicht von Menschenrechte in Belarus am

Die Fälle der „Verschwundenen“ in 1999 und 2000 möglichst umfassend zu dokumentieren, war einer der Impulse für die Gründung des Vereins „Menschenrechte in Belarus“. Die entstandene Dokumentation sollte u.a. als Grundlage für ein gerichtliches Vorgehen gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen dienen – wozu es bis heute nicht gekommen ist.

Im Zuge der friedlichen Proteste der Demokratiebewegung in Belarus gegen den Wahlbetrug und das brutale und menschenverachtende Vorgehen des Regimes gegenüber der eigenen Bevölkerung werden die Fälle der „Verschwundenen“ auch in westlichen Medien wieder häufiger erwähnt. Der „Pourgourides Report“ des Europarats von 2004 („Disappeared Persons in Belarus“) war in seiner Deutlichkeit ein Novum. Er benannte vier Personen aus dem damaligen Regime als Verdächtige – Viktor Schejman, Juri Sivakov, Dmitri Pawlitschenko, Vladimir Naumow – und stellte fest, dass die gesammelten Hinweise zu der Annahme führten, dass auf „höchster Staatsebene“ aktiv Schritte zur Verschleierung der Hintergründe der Verschwundenenfälle getroffen worden seien, und diese Hinweise außerdem zu der Vermutung führten, dass hohe Beamte selbst in das Verschwindenlassen involviert gewesen sein könnten. Keine der genannten Personen wurde je zur Verantwortung gezogen. Pawlitschenko erhielt hingegen hohe Auszeichnungen.

Pawlitschenko tritt nun wieder – nach über 20 Jahren – öffentlich in Erscheinung, um Polizei und Geheimdienst zu indoktrinieren, also zu Gewalt und Brutalität gegenüber den Protestierenden anzustacheln, und um einschüchternd auf die Protestbewegung zu wirken. Die Tatsache, dass das Regime für die Fälle der „Verschwundenen“ verantwortlich gemacht wird, dürfte Lukaschenka und Pawlitschenko bewusst sein. Sie müssten nach einem demokratischen Wandel in Belarus damit rechnen, zur Verantwortung gezogen zu werden.

Der Europarat hat bereits mit Entsetzen auf die neue Rolle reagiert, die Pawlitschenko bei der Unterdrückung der Proteste in Belarus offenbar zukommt. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die umfangreiche Dokumentation der Fälle der „Verschwundenen“ des Vereins „Menschenrechte für Belarus“ unter

Berlin, 14.09.2020

Stephan Malerius, Stefanie Schiffer, Denis Friedrich, Christoph Becker, Peter Liesegang

Kategorien: Erklärungen